"Die Linien von Ute Wurtinger schwingen."

Dr. Fischer spricht über die Arbeiten von Ute Wurtinger

Die Linien von Ute Wurtinger schwingen. Sie klingen, sie kommunizieren. Sie ziehen in die Weite, beziehen Intuition, Form und Lebendigkeit aus dem eigentlichen Kern des Bildes, lösen sich ab, als ob sie Nahrung genug erworben hätten, um davon zu gleiten, davon zu eilen, weiterzuleben und vielleicht auch wieder zurückzukehren, in jedem Fall aber Grenzen überwinden wollen.

Dies soll kraftvoll, aber nicht laut geschehen. Es soll betonen, aber nicht zuschlagen. Weder endlos noch glatt und exakt - ungleich.

Wir folgen diesen Linien im Inneren und nach außen hin, stellen Fragen:

Warum? Warum so? Woher kommt ihr Schwung? Was meint die Künstlerin damit?

Es sind Wurtinger-Linien, die das Werk der Künstlerin so deutlich pointieren, die als Linien auf den Punkt bringen, die Sicht erweitern helfen, die in uns klingen sollen. Linien meinen nicht Geschlossenheit. Sie vermitteln. Sie lassen etwas offen und bedecken zugleich Fläche, ohne sie gänzlich abzuschirmen. Sie stabilisieren Bild im Innen- und Außenverhältnis.

Linien summieren letztendlich. Sie legen etwas fest. Verbindungslinien übertrumpfen ein Nichts oder etwas Verstecktes oder das Noch-Nicht.

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„Der Körper schwingt beim Malen mit“, sagt die Künstlerin. Und - Schwingungen übertragen sich auf den Betrachter.
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Jedes ihrer fertigen Bilder soll die erste in eine Skizze gefasste Idee noch immer sichtbar machen. Uns allen geht es so, dass ein erster Eindruck über so vieles entscheidet. Die erste Skizze mit ihrem Schwung, noch ohne Begleitwerk, ohne gefächerte Überlegungen, ohne farbliche Ausgestaltung weist den Weg. Ihre erste Dynamik erhalten, so sagt Ute Wurtinger. Uns Betrachtern gilt diese Vorgabe. Natürlich trägt sie dabei auch Schichten des Wegnehmens und Zutuns auf. Entdeckungen, manches Rätselhafte, Ahnungen werden eingearbeitet.

Was erreicht sie damit gegenüber uns, den Fremden? Sie möchte einbeziehen, einen Klang in uns vermitteln, anzuregen, sich einer kreativen Spannung zu unterwerfen, um Neues zu sehen, um selbst innovativ zu sein im ersten Moment des Betrachtens, beim wiederholten Sehen eines Bildes Bestätigung oder neue Variation ins finden lassen.

Auszug aus einer Rede von Dr. Klaus Fischer anlässlich meiner Einzelausstellung im Kreishaus in Hofheim (Vorsitzender der Kunstsammlung Main-Taunus)